Vortrag zur volkskundlichen Bedeutung von Pflanzen an Haus und Hof am 6. August


„Eine Rasselnuss gehört in jeden Kindergarten, weil die Kinder sich merken können, wie der Strauch blüht, duftet, wie die Bienen summen, welche Färbung das Laub im Herbst hat und welche Geräusche die Ballonfrüchte beim Schütteln von sich geben“, so Thomas Janscheck bei seinem Vortrag zur volkskundlichen Bedeutung von Pflanzen an Haus und Hof, den der Verband für ländliche Fortbildung Traunstein und der Gartenbauverein Inzell-Hammer-Weißbach gemeinsam organisiert hatten. Die mitteleuropäische Rasselnuss (botanischer Name: staphylea pinnata) ist für ihn eine peppige Pflanze, die jede Vogelhecke ergänzen sollte und deren Früchte an den Geschmack von Pistazien erinnern. Der gelernte Gärtner und studierte Gartenbauingenieur stellte bei seinen Ausführungen aber auch altes Gartenwissen vor – Wissen, das er in Gesprächen mit Bewohnern auf den Bauernhöfen erfahren hat. Diese Überlieferungen festzuhalten ist ihm ein wichtiges Anliegen, „weil die Alten noch das Großwerden im Elternhaus erlebten, was trotz aller Entbehrung eine schöne Zeit sein konnte.“ Diese hätten die Zeit noch erfühlt, Beobachtungen gemacht, Wissen erlernt und konnten die Welt sprichwörtlich „begreifen“. In ihrer Lebenswelt dachte man nicht in Jahreszeiten, sondern in Vegetationszeiten. Die Vegetation begann mit Georgi am 23. April und endete an Martini am 11. November. Ab diesem Tag begann das Winterhalbjahr, weil es ab diesem Tag nichts mehr zu ernten gab. An dieser Vegetationszeit orientierte sich Janscheck bei der Vorstellung verschiedener Bäume und Sträucher, die er als bienenfreundliche Pflanzen für den heimischen Garten empfahl. Erste Frühlingsbotin bei den Gehölzen ist die Kornelkirsche, die bereits Ende Februar blüht und deren Früchte Mensch und Tier schätzen. Wer etwas für den Zitronenfalter tun möchte, pflanzt den Faulbaumstrauch. Er ist Wirtspflanze für diesen Schmetterling, Eiablageplatz und Hauptnahrungspflanze der Raupen dieses Falters. Die Birke stellte der Referent als wichtigen Baum und Lebensraum für allein 20 Schmetterlingsarten vor. Die Sommerlinde als spätblühendster Baum und der Efeu als spätblühendstes Gehölz sind besonders für die Bienen wichtige Trachtpflanzen für Honigbienen und viele weitere Arten. Neben Nektar und Pollen sammeln die Tiere an Linden auch Honigtau. Thomas Janscheck riet den Besuchern angesichts der Herausforderungen der aktuellen Zeit, nicht zu erstarren, sondern zu handeln und etwas zu pflanzen – was Gesundes, das erosionsmindernd und co²-speichernd ist. Er plädierte dafür, Wissen zu Pflanzen an die nächsten Generationen weiterzugeben. Dazu sollten an jeder Schule eigens Flächen bewirtschaftet werden, damit die Kinder das Pflanzen, Hegen und Pflegen lernen. Er berichtete in diesem Zusammenhang von einem Projekt im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Landkreis Pfaffenhofen. Hier erhalten Kinder der 3. Grundschulklassen einen Kalender für den Unterricht. So können sie Beobachtungen in der Natur in den Kalender eintragen und zusammen mit Ihrer Lehrkraft die Zusammenhänge von Witterung, Temperatur, Niederschläge über Jahre hinweg festhalten. Sie stellen dabei fest, dass der Frühlingsanfang, die Blütezeit, die Ernte usw. sich von Jahr zu Jahr verändern. Unsere Vorfahren verbanden ihre Wahrnehmungen mit bestimmten Anlässen. Für das Ende der Winterzeit und den Beginn des Frühlings steht der Gedenktag der hl. Kunigund am 3. März. „Kunigund macht warm von unt, weil der Wurm wieder kummt.“ Die Erdwärme stellt sich Anfang März wieder ein, durch die zunehmende Tageslänge und die Aktivierung des Bodenlebens. Der Regenwurm ist am aktivsten im März und April. Die Zeit der Baumblüte beginnt um den Namenstag des hl. Georg am 23. April. „Auf St. Georgens Güte stehn alle Bäum in Blüte.“ Kirschen gab es früher von Johanni (24. Juni) bis Jakobi (25. Juli). Anhand dieser Beispiele wurde die saisonale Lebensmittelversorgung in der Vergangenheit deutlich, die geprägt war von Anbau-, Reife- und Erntezeiten und einer naturverbundenen Arbeitsweise.